„Mmh, ist das lecker!“ – Gutes Essen ist ein Genuss, kann die Gesundheit erhalten und fördern und ist vielfach ein soziales Erlebnis. Das gilt bereits für die Jüngsten. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Menschen in den ersten Lebensjahren bestimmte Nahrungsvorlieben und Essgewohnheiten einüben, die sie meist ihr Leben lang beibehalten – mit entsprechenden Folgen für ihre Gesundheit. Daher kommt einer gesunden Ernährung und einer guten Ernährungserziehung in Krippen und Kindertagesstätten eine besondere Bedeutung zu. Dass es in diesem Bereich in Deutschland dringenden Nachholbedarf gibt, machte die 2014 erschienene Studie „Is(s)t Kita gut?“ im Auftrag der Bertelsmann Stiftung deutlich. Sie untersuchte erstmals, wie es um die Ernährung von Kindern in Tageseinrichtungen bestellt ist. Das Ergebnis: Den wissenschaftlichen begründeten Qualitätsstandard der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für ein ausgewogenes, kindgerechtes Speiseangebot erfüllen nur rund 30 Prozent der Kitas.
Freude am Essen erfahren, Ernährungskompetenzen erwerben
Einrichtungen, in denen gesundes, frisch in der Kita zubereitetes Essen seit jeher zum Konzept gehört, sind die rund 40 element-i-Kinderhäuser des Konzept-e-Netzwerks. „Unsere Einrichtungen orientieren sich an dem element-i-Ernährungskonzept, das auf den Empfehlungen der DGE fußt“, berichtet die pädagogische Geschäftsführerin Carola Kammerlander. „Wir möchten den Kindern in unseren Kitas Freude am Essen und Spaß an gesunder Ernährung vermitteln. Hier lernen sie, Expertinnen und Experten für ihre eigenen Essgewohnheiten zu werden und diese bewusst zu steuern.“
„Was kochst du heute?“
Jedes Kinderhaus hat daher einen eigenen Koch oder eine eigene Köchin, der bzw. die die Mahlzeiten in der professionell ausgestatteten Kita-Küche täglich frisch zubereitet. Im Kinderhaus Bärcheninsel in Stuttgart-Vaihingen, einer Einrichtung des Kind e.V. Stuttgart, ist Armin Breier aktiv, der das Kochen für die 120 Kinder aus Kita und Hort genießt. „Ich habe einen Traumjob“, sagt er. Viele Kinder kämen morgens gleich als erstes zu ihm in die Küche und erkundigten sich, was es zum Mittagessen gibt. Den bildlich gestalteten Speiseplan im Eingangsbereich ließen sie dabei gerne links liegen. Der Besuch in der Küche, die den ganzen Tag über ein Anziehungspunkt bleibe, gehöre für viele einfach zum Ritual. „Es gibt eine Theke, die den Raum abteilt. Dahinter dürfen die Kinder stehen und mir beim Kochen zuschauen oder auch – zum Beispiel beim Kleinschneiden von Obst und Gemüse – helfen. Wenn es ans Tischdecken oder Abräumen geht, sind sie sowieso gefragt.“
„Fertigprodukte verwende ich nicht“
Die Zubereitung des Essens gehört daher zum erlebten Alltag der Jungen und Mädchen. Armin Breier freut sich über die Fragen der Kinder, die sich oft wundern, dass er all die Dinge selbst machen kann, die sonst zumeist aus der Packung kommen. „Spätzle, Maultaschen, Apfelmus oder Ketchup – hier ist alles Handarbeit“, berichtet der Koch stolz, dessen Tag mit der Zubereitung des Frühstücksbuffets beginnt. Den Kindern stehen dort ungesüßtes Müsli, Milch, Naturjoghurt oder Quark, Obst und Gemüserohkost sowie Brot oder Brötchen im Wechsel entweder mit Käse, Wurst oder süßem Aufstrich zur Verfügung. Bedienen können sie sich selbst. „So können sie in der Frühstückzeit dann essen, wann sie es möchten, und lernen auf ihre Hunger- und Sättigungsgefühle zu achten“, erläutert Carola Kammerlander. „Die Erzieherinnen und Erzieher wissen, wer noch nicht gegessen hat, und erinnern die Kinder daran, wenn sie das Essen über ihr Spiel vergessen sollten.“ Auch um 15 Uhr zum Vesper gibt es wieder Obst und rohes Gemüse, ab und zu mal Kuchen oder am Mittwoch, wenn ansonsten Suppe auf dem Plan steht, auch belegte Brötchen. Wasser sowie ungesüßter Tee stehen den Kindern den ganzen Tag über zur freien Verfügung.
Gemeinsam Mittag essen, Gemeinschaft erleben
Mittags essen alle gemeinsam im Speiseraum an schön gedeckten Tischen für jeweils acht Kinder und eine pädagogische Fachkraft. „Der gemeinschaftliche Aspekt steht beim Mittagessen in Mittelpunkt. Die Rituale dabei gegen den Kindern Orientierung und vermitteln Werte und Esskultur, zum Beispiel sich guten Appetit zu wünschen, gemeinsam zu beginnen und zusammen vom Tisch aufzustehen“, erläutert Carola Kammerlander. Eines der Kinder darf jeweils einen „Schauteller“ machen und sich von allen Dinge, die in den Schüsseln auf dem Tisch stehen, etwas auftun. Gemeinsam mit der Erzieherin oder dem Erzieher sprechen die Kinder über das Angebot und überlegen, um welche Nahrungsmittel es sich handelt. Jedes Kind darf sich anschließend seinen Teller selber befüllen. „Hier wird niemand gezwungen aufzuessen oder etwas zu verzehren, das er oder sie nicht mag. Wir motivieren die Kinder allerdings zu probieren und sich eine eigene Meinung zu bilden, bevor sie etwas ablehnen. So lernen die Kinder selbst einzuschätzen, wieviel und welches Essen ihnen gut tut“, sagt Armin Breier. Auf wenig Gegenliebe stießen in der Regel Gemüse und Salat, berichtet der Koch. „Rosenkohl und Bohnen sind die unbeliebtesten Sorten. Für Karotten, Zucchini, Blumenkohl und Brokkoli können sich einige Kinder dagegen durchaus erwärmen. Viele Mädchen und Jungen mögen das Gemüse übrigens roh lieber als gekocht. Gurken und Karotten sind dabei ihre Favoriten.“
Fester Speiseplan für ein halbes Jahr
Was mittags auf den Tisch kommt, planen die Köchinnen und Köche mehrerer Einrichtungen gemeinsam. „Wir erarbeiten einen Speiseplan für ein halbes Jahr und berücksichtigen dabei, welche Obst- und Gemüsesorten Saison haben“, sagt Armin Breier. Während Obst und Gemüse bzw. Salat jeden Tag auf dem Speiseplan stehen, werden Fleischgerichte im Wechsel ein- bzw. zweimal pro Woche zubereitet. Immer freitags gibt es Fisch. „Einmal im Monat koche ich ein Kinderwunschgericht. Das letzte Mal waren es Chicken-Nuggets, also panierte Hähnchenstücke“, erzählt der Koch. „Ich habe sie in der Pfanne mit wenig Fett angebraten und dann im Konvektomat, einem Heißluftofen, fertig gegart, damit sie nicht zu fetthaltig sind.“
Besonders freut sich Armin Breier, wenn die Eltern ihn ansprechen und nach seinen Rezepten fragen, weil es zu Hause hieß: „Bei Armin schmeckt das aber besser.“